Leseprobe:

das theater anklam suchte für die freiluftsommersaison in zinnowitz einen
laiendarsteller als zombie.
ich schaute in den kleinen schminkspiegel meiner freundin und rief sofort die anklamer telefonnummer an.
"theater anklam, frau rollenfroh am apparat, guten tag?"
"ja, hier sorgenich aus greifswald. ich bin ein zombie! frau rollenfroh, ich habe ihre anzeige in dem unentgeldlichen schmuddelblatt gelesen, und sie suchen doch einen zombie für zinnowitz, oder? wir haben zwar erst anfang april, aber ich glaube, ich darf mich auch im sommer noch nicht in dem kleinen spiegel meiner süßmaus anschauen!"
"herr borgemich, wir suchen keinen zombie! wir suchen einen darsteller, der einen zombie spielen soll!"
"ach so!", erwiderte ich enttäuscht. "und noch was frau rollenfroh, ich heiße nicht borgemich, sondern sorgenich! und kennen sie den kürzesten witz? nein? zinnowitz!!!!!"
ich knallte den hörer auf.
auch im sommer keinen job!
aber wenigstens schneite es anfang april, und ich hätte auf der straße ausrutschen können, mit etwas glück mir auf dem erdboden die nase zerschlagen, mit noch mehr glück mir an einem eisenbett auf einem sperrmüllhaufen die schneidezähne ausgeschlagen und wäre mit unendlich viel schicksalsmacht wieder zu einer langersehnten vollnarkose gekommen.
am nächsten tag war der schnee weggetaut, die straßen trocken, und sorgenich fuhr wenigstens besoffen auto.
weder rehe noch wildschweine liefen ihm in der innenstadt vor die motorhaube. warum hatte sich die menschheit mit dem städtebau bloß so an der natur versündigt?
beim gegenseitigen po-po-fühlen im café amberland war sorgenich sich nicht sicher, ob sein arsch in der hose härter war oder die ärsche in den hosen der frauen. aber nach den letzten B-fifty-two-drinks, und den heißen abgelegten, noch flammenden strohhalmen der B-52-"TORPEDOS", wurde mir klar, daß ein sich in die augen schauen, das verdrehen der iris und bedeckte frauenärsche, einen beschäftigungslosen zombie in nur einer nacht nicht weiterbrachten.

Jürgen Landt: Jahrgang 57, sammelte 40 Texte aus seinem immensen
Bestand heraus, um sie 1997 im Waldschloß Jeeser einem extra zum
Jubiläum angereisten Publikum darzubieten. Der Abend wurde eine Orgie für
viele, die Lesung kam streckenweise ins Holpern und Stolpern über eine
schwere Zunge. Das dazugehörige Buch hat inzwischen Sammlerwert.
Es wurde in Handarbeit zu durchnummerierten 100 Stück hergestellt.
(Beinhaltet delikate Illustrationen von Cathleen Heilmann.)